Wenn Eltern nicht weiter wissen

Mönchengladbach. Chaos im Kinderzimmer, Streit um Süßes, Diskussionen um Hausaufgaben: Familienleben birgt Konflikte. Die Erziehungsberatung des Kinderschutzbundes hilft, wenn Eltern an ihre Grenzen kommen.

Diese Situation kennen fast alle Eltern: im Kinderzimmer herrscht das Chaos. Spielzeug und Kleidungsstücke fliegen bunt gemischt durch die Gegend, von Durchkommen kann keine Rede mehr sein. Saubermachen ist unmöglich, irgendetwas wiederzufinden auch. Vieles hat auch das Kinderzimmer verlassen, blockiert den Flur oder verwandelt das Wohnzimmer in eine Mischung aus Bälleparadies, Altpapiercontainer und Hindernisparcours. Der nächtliche Kontakt von nackten Füßen mit liegengebliebenen Legosteinen erweist sich als äußerst schmerzhaft. Den Eltern reicht´s, der Nachwuchs schaltet auf stur. Der Familienfrieden ist dauerhaft gestört.

Oder so: An der Kasse im Supermarkt verlangt ein Kind lautstark und ausdauernd nach Süßigkeiten. Mutter oder Vater sind wahlweise genervt, wütend oder überfordert. In solchen Situationen sind die Eltern als Erzieher gefordert. Was aber tun?

Info:
Wem die Erziehungsberatung hilft

Beratungsangebote: Eltern können bei der Erziehungsberatung frühzeitig Hilfe bei Problemen suchen. Beratungen sind als Paar oder getrennt möglich. Auch bei Trennungen berät der Schutzbund.

Kontakt:
Den Kinderschutzbund in Mönchengladbach erreichen Eltern per Telefon unter 02161 293948 oder per E-Mail unter kinderschutzbund-mg@t-online.de.

Der Ortsverband Mönchengladbach sitzt an der Hindenburgstraße 56

„Eltern wollen natürlich alles richtig machen, aber sie haben oft ihr Bauchgefühl für richtige Erziehung verloren“, sagt Mareike Eßer, Geschäftsführerin des Mönchengladbacher Kinderschutzbundes. „Sie sind sehr verunsichert.“ Der Kinderschutzbund bietet über seine regelmäßigen Kurse hinaus Beratung zur Erziehung an.

Die Probleme, mit denen die Eltern in die Beratung kommen, lassen sich in einem Satz zusammenfassen: „Ich komme mit meinem Kind nicht mehr klar.“ Das Kind reagiert nicht auf Aufforderungen beispielsweise zum Aufräumen. Es tobt an der Kasse, um seinen Willen durchzusetzen. Es ist bockig und provoziert bei den Eltern Wutausbrüche. „Wichtig ist es oft erst einmal, den Eltern zu zeigen, dass auch andere Familien solche Probleme haben“, sagt Helga Jacoby-Struck, die als Beraterin beim Kinderschutzbund tätig ist. „Es geht auch nicht darum, Schuld zuzuweisen, sondern den Eltern ihre eigenen Stärken, aber auch die positiven Seiten des Kindes zu zeigen, die vor lauter Stress gar nicht mehr wahrgenommen werden können.“

Die Eltern fühlen sich oft hilflos, sie brauchen Handwerkszeug, am besten einen ganzen Werkzeugkoffer der Erziehung. Im Gespräch mit den Beraterinnen finden sich aber meist auch individuelle Werkzeuge für Erziehungsprobleme. Wie geht man also zum Beispiel mit der an sich harmlosen Chaossituation im Kinderzimmer um, die aber hohes Konfliktpotenzial hat? „Man kann Regeln absprechen“, sagt Pädagogin Jacoby-Struck. Im Kinderzimmer zum Beispiel ist das Chaos in gewissem Maße zulässig, weil das Kind sein Spielzeug gerne sehen will. Im Flur und im Wohnzimmer wird aufgeräumt. Man kann auch gegenseitige Hilfe vereinbaren: Du hilfst mir – und ich helfe dir.

Und wenn das nichts nutzt oder das Kinderzimmer einmal saubergemacht werden muss? „Dann muss das Kind auch Konsequenz erleben“, sagt Heidrun Eßer, sie seit vielen Jahren beim Kinderschutzbund aktiv ist. „Allerdings müssen die Eltern das auch selbst aushalten können.“ Zum Beispiel kann vor dem Staubsaugen alles, was auf dem Boden des Kinderzimmers herumliegt, auf dem Bett des Kindes landen. Wenn es abends schlafen gehen will, muss das Bett vorher leergeräumt werden.

Genauso bei der Situation an der Kasse im Supermarkt. „Die Mutter kann dem Kind ruhig erklären, welche Regeln sie schon zu Hause besprochen haben“, sagt Heidrun Eßer. „Wenn es sich nicht daran hält, kann es das nächste Mal nicht mit zum Einkaufen kommen.“ Aber auch hier gilt: die Konsequenz muss umsetzbar sein und die Eltern gewillt, das auch selbst zu ertragen.

Ein anderes Beispiel: Ein Schulkind will partout seine Hausaufgaben nicht machen. Die Expertin rät, ihm einen Zettel mit in die Schule zu geben, auf dem genau das erklärt wird. Solche Vorschläge sind keine Rezepte, die in jeder Familie eins zu eins umgesetzt werden können oder sollten. Eltern müssen mit diesen Anregungen ihren eigenen Weg finden. Manchmal muss man einfach den richtigen Zeitpunkt für ein Gespräch finden, manchmal kann auch dar andere Elternteil übernehmen: Mit dem Vater räumt es sich vielleicht leichter auf als mit der Mutter – oder anders herum.

Am allerwichtigsten ist in der Erziehung aber – da sind sich die Fachleute einig – die Kommunikation. Regeln formulieren, miteinander reden, selber leise bleiben, aber Ärger durchaus aussprechen. Konsequenzen ankündigen und dann auch umsetzen. Hört sich einfach an – ist aber harte Arbeit.

 

Autor: Von Angela Rietdorf / RP-Online